Pressespiegel
     
     
  
Kleine Helden der Museumsnacht
 


Denkmäler sind meist aus Bronze, Stein oder wenigstens meterhoch. Sie huldigen den Mächtigen, den Erfolgreichen, den Helden, selten den Unbekannten. Manfred „Manni" Bruhn war der launisch-liebevolle Hausmeister des Atelierhauses Nordbahnhof 45. Vor zwei Jahren ist er gestorben, nun hat ihm eine Stuttgarter Künstlergruppe die Ausstellung „Manni" gewidmet, die heute im ' Rahmen der Langen Nacht der Museen zum letzten Mal zu sehen sein wird.
Das Besondere der Schau ist, dass sie sich dort einrichtet, wo Manni lebte, seinen eigenen, heimeligen vier Wänden, deren Atmosphäre Kurator Marko Schacher „irgendwo zwischen Swinger-Club, Kneipe und Spielhölle" verortet. Mehr ironisches Happening als verdrossenes Erinnern ist das, was sich in der ehemaligen Hausmeisterwohnung abspielt - und entzieht sich damit der rigiden Trennung zwischen der so genannt „High"- und der „Low"-Art: Die Toilette mutiert dank Kristina Fistr und Kathrin Sohn zum Club mit Go-go-Girls und DJ, Tilmann Eberwein zeigt eine „Putz-Mobb-Installation", und Eva Teppe projiziert das Video „Ein Tag draußen" auf eine Weinflasche. Uta Weyrich und Eva Paulitsch haben ihre Interviews mit Hausmeistern zu einer Wort-Collage vorarbeitet, die im Eingangsbereich der Wohnung zu sehen ist. Auch Dein Club, jene Gruppe, die seit Frühjahr 2002 ein Trash-Remake des Kevin-Costner-Films „Waterworld" in einer Abstellkammer dreht, macht in der Galerie op-nord einen Außendreh, bei dem das Publikum als Kulisse und Komparse dient - und so wird jedermann zum kleinen Helden.

stn
Stuttgarter Nachrichten, 29.03.2003
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  Unterhaltsame Kunst durchs Schlüsselloch
   


Bei der Langen Nacht der Museen erschließen kleinere Galerien sich ein ganz neues Publikum
Rund 23.000 Menschen haben sich bei der sechsten Langen Nacht der Museen von Samstag auf Sonntag in mehr als 50 Stuttgarter Museen, Galerien und Kulturinstitutionen umgeschaut. Besonders die kleineren Einrichtungen profitieren von der Veranstaltung.
Wer in dieser Nacht in die Staatsgalerie oder ins Haus der Geschichte will, muss warten. Die großen Häuser ziehen die Leute einfach an, sei's während der Museumsnacht, sei's zu den normalen Öffnungszeiten. Aber was tut sich in kleineren Galerien und in den Kulturnischen, die sonst nur von Kennern beachtet werden? Schlangen gibt es dort auch in der Nacht zum Sonntag nicht. Voll wird's trotzdem, denn es ist nicht viel Platz.
Das Schapp in der Schlossstraße macht seinem Untertitel „Der Effektenraum" alle Ehre: Aus einem Musikmöbel kommen Töne und Bilder - erzeugt von den Gästen selbst. „So können die Besucher bei ihrem kurzen Streifzug Medienkunst spielerisch kennen lernen", sagt Schapp-Macher Mario Strzelski, der zum zweiten Mal an der Museumsnacht teilnimmt. „Ich will mich in alle Richtungen öffnen. Wenn von 1000 Besuchern zehn wieder kommen, ist das ein Erfolg."
Und wenn sich ältere Menschen unter das sonst junge Publikum mischen, freut sich Strzelski. So wie über Hannelore Sehano. Die 70-Jährige ist ein Fan der Veranstaltung: „Das ist eine großartige Sache. Sämtliche Galerien habe ich auf diese Weise schon kennen gelernt. Wo man sonst Schwellenangst hat, kann man jetzt einfach gucken und machen." Den Weg ins Schapp habe sie speziell wegen des Musikmöbels gefunden, weil „mich Musik interessiert". Und obwohl ihr das alles hier noch ein bisschen fremd ist, will sie wiederkommen. Auch Melanie Wiora konzentriert sich bei ihrer Kulturtour auf die kleinen Galerien: „Die Staatsgalerie zu besuchen wäre mir zu heftig. Die werde ich mir einmal anschauen, wenn es ruhiger zugeht."
Ü ber ihr Publikum bei der Langen Nacht der Museen freut sich auch Angelika Harthan in ihrer gleichnamigen Galerie in der Gerberstraße. Zum dritten Mal nimmt sie an der Veranstaltung teil und weiß genau, was sie davon hat: „Es kommen sehr neugierige Menschen." Auch wenn sich für sie der „didaktische Ansatz in Grenzen hält", genieße sie es, die ganze Nacht lang Fragen zu beantworten und den Besuchern die Schwellenangst zu nehmen. Einen materiellen Gewinn könne sie aus der Veranstaltung zwar nicht ziehen, dafür einen persönlichen: „In dieser Nacht bin ich nicht auf meine Galerie konzentriert, sondern sehe mich als Teil des Kulturangebots, einer pulsierenden Szene, mit der ich ins Gespräch komme." Ihr Programm hat sie der Nacht: der Museen angepasst: Sie zeigt Bild-Text-Cartoons des Künstlers Jürgen Palmtag, „die jeden ansprechen". An das aufwendige Rahmenprogramm anderer Aussteller will sie sich nicht anpassen: Mehr als eine kleine Bewirtung gibt es nicht.
Mit Unterhaltung in all ihren Facetten haben die Künstler im Atelierhaus und im OP Nord (Nordbahnhofstraße) dagegen kein Problem: „Dass diese ganze Veranstaltung ein Event ist, verschweigt doch keiner", sagt Marko Schacher, der für das Programm im OP Nord verantwortlich ist, „und es ist doch gut, wenn Menschen mit einem Schmunzeln im Gesicht aus einer Ausstellung kommen." Jürgen Schulz kommt jedenfalls aus dem Grinsen nicht mehr heraus: „Ich hätte nie gedacht, dass Kunst so unterhaltsam sein kann", sagt er, nachdem er durch ein Schlüsselloch gespickt und Kristina Fistr und Kathrin Sohn bei ihrer Tanzperformance zugeschaut hat. Auch ein älteres Ehepaar lässt sich von der Euphorie anstecken und findet das schlicht „erfrischend".
Schlicht „Happening" nennt Walter Bischoff von der gleichnamigen Galerie in der Schreiberstraße die Lange Nacht der Museen, an der er von Anfang an teilnimmt. Er freut sich, dass an diesem Tag Menschen zu ihm finden, „die vorher noch nie da waren". Auch wenn viele nie wieder kommen würden, mache es ihm großen Spaß, Kontakte zu knüpfen. Auch wenn sie oft einmalig sind -und zwar im doppelten Wortsinn.
Kleinere Galerien wie das Melierhaus haben in der Museumsnacht ungewohnt viele Besucher.

Ariane Wölpper
Stuttgarter Zeitung, 31.03.2003

 
     
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